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Elliot, der Drache (2016)

Pete´s Dragon

Regie: David Lowery       
Darsteller:
Bryce Dallas Howard
, Karl Urban, Oakes Fegley, Robert Redford

 

„Elliot das Schmunzelmonster“ (Pete´s Dragon – 1977) war, nach „Mary Poppins“ (1964) der zweiterfolgreichste Mix aus Realfilm und Animation aus dem Hause Disney und bediente sich nicht in Bezug auf die Darstellung bei seinem großen Vorbild. Auch die Songs von Al Kasha und Joel Hirschhorn orientierten sich stark an den klassischen Kompositionen der Sherman-Brothers – so stark, dass man bei „Passamashloddy“ sogar den Wortspielereien von „Supercalifragilistic“ und mit dem fantastischen Song „Candle on the water“ dem Gänsehautsong „Feed the birds“ Tribut zollte. Auch die Entscheidung den Film in einer nicht näher definierten Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert spielen zu lassen, fiel sicherlich nicht ohne einen Blick auf den mehrfach Oscar-prämierten Vorgänger.

pete197801Somit ist der alte „Pete´s Dragon“ eine nette Erinnerung an die große Zeit von Disney, den ich auch heute noch gerne gucke (und der in der deutschen Fassung um ganze 25 Minuten geschnitten wurde), der aber deutliche Schwächen in Bezug auf die erzählte Geschichte aufweist. Charaktere wie der von Mickey Roonie gespielte „lustige“ Trunkenbold, der den Drachen jagende Wunderheiler und die bösen Waisenhausbesitzer die hinter dem kleinen Pete her sind, waren schon damals nicht mehr zeitgemäß und nur in einem Disney-Universum vorstellbar, das zu dieser Zeit halt noch in den 50ern steckte und vor lauter Angst vor Veränderung die immer gleichen Klischees bediente.

Deshalb war ich auch einer der wenigen, die positiv überrascht waren, als im Frühjahr dieses Jahres der erste Trailer zum Remake veröffentlicht wurde. Das kurz zuvor gestartete Remake von „The Jungle Book“ hatte mich nicht interessiert, weil es laut Trailer genau den Originalfilm noch einmal mittels kitschigem CGI aufbrezelte und sogar die klassischen Songs in verwursteten Poppig-schnulzigen Hitversionen präsentierte. Bei „Pete´s Dragon“ schien man zumindest einen anderen Weg zu gehen – sicherlich war der Drache nun auch aus Nullen und Einsen erstellt, aber er verleugnete seine Animationsherkunft (sogar der abgebrochene Schneidezahn des Originals wurde beibehalten) nicht und es schien tatsächlich, als würde man hier eine andere Geschichte präsentieren.

pete201604„Elliot der Drache“ spielt in einem nicht näher definierten Jahr in gefühlt den achtzigern (keine Mobiltelefone, kein Internet) und beginnt mit einem Autounfall, bei dem die Eltern des kleinen Pete offenbar (aber nicht –sichtlich) sterben und er alleine irgendwo mitten im Wald zurückbleibt. Einzig und alleine ein Bilderbuch bleibt ihm als Erinnerung. Bereits kurz darauf wird er von Wölfen gejagt und durch einen Drachen gerettet, mit dem er sich anfreundet und den er Elliot nennt. Fortan lebt Pete für einige Jahre sozusagen als Wolfskind im Einklang mit der Natur im Wald.

Sicherlich ist dieser Anfang nicht sonderlich glaubwürdig, aber es ist sozusagen der „Indiana Jones im Kühlschrank“-Moment dieser Fantasy-Geschichte, die sich von da an in zu erwartenden Bahnen bewegt. Pete wird durch einige Holzfäller entdeckt und von der netten jungen Forstarbeiterin Grace (Bryce Dallas Howard) in die Zivilisation und ihre Familie geholt, niemand glaubt ihm seine Geschichte von seinem Drachen, nur Graces Vater (Robert Redford), der schon seit Jahren die Kinder des Dorfes mit seinen Geschichten von einer Begegnung mit einem Drachen unterhält, wird hellhörig.

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Elliot selbst wird dann auch von den Holzfällern unter der Leitung von Dr. McCoy – aehem Gavin – (Karl Urban) gefunden, die sich natürlich einen warmen Geldsegen durch das Fangen des Fabeltieres versprechen und es kommt zu den üblichen Verstrickungen, Verfolgungsjagden und einem zufrieden stellenden Happy End.

Mehr ist da wirklich nicht an Geschichte, aber das braucht der Film auch nicht, denn als ein wunderschönes Familienabenteuer funktioniert er auch so. Geschickt spielt Regisseur und Drehbuchautor David Lowery auf der emotionalen Klaviatur und erzeugt dabei mit leichter Hand genau das, was einen guten Disney ausmacht. „Pete´s Dragon“ ist ein Unterhaltungsfilm mit genau der richtigen Menge an Momenten in denen dem Zuschauer die Augen feucht werden, sei es vor kindlicher Freude oder vor tiefem Mitgefühl mit den lebendig wirkenden Charakteren. Selten habe ich bei einer Pressevorführung so viele hartgesottene Schreiberlinge gesehen, die sich verstohlen die Augen reiben und ebenso selten geschieht es das gerade diese normalerweise zynischen Jungs und Mädels nach einer Vorstellung aus dem Kino kommen und über beide Backen strahlen.

pete201602Am meisten überrascht hat mich das eigentlich bei mir selbst, denn – wie bereits erwähnt – mag ich das Original und ganz speziell die Musik desselben sehr. Meine Befürchtungen gingen dementsprechend auch in die Richtung, dass man mir eine verschmalzte Popversion der Songs und Melodien präsentieren würde. Erstaunlicherweise hat man komplett darauf verzichtet den Originalfilm musikalisch zu zitieren und einen sehr eigenständigen und passenden Score mit leichten Country-Einschlägen schreiben lassen, der wunderschön zu den tollen Naturaufnahmen (fast schon „normalerweise“ in Neuseeland gedreht) passt und – hier kommen wir wieder zum Disney-Touch – bei den emotionalen Szenen prima und gekonnt auf die Tränendrüse drückt.

Wird „Elliot der Drache“ nun also in 30 oder 40 Jahren auch als Klassiker gehandelt werden? Sicherlich nicht, denn dafür ist er dann doch zu wenig originell. Aber ich vermute mal das meine Enkelgeneration erheblich mehr mit dem Film anfangen kann, als mit dem Originalstreifen, der für Millennials zu altbacken ist und sich schon heute als ein Kind seiner Zeit darstellt, das man nur mit der Nostalgiebrille (oder als großer Fan der Musik) wirklich genießen kann. Einen Kinobesuch mit den Kindern ist der Film sicherlich wert, aber legt Euch besser dabei schon Mal die Taschentücher zum unauffälligen „Ich hab da was im Auge“ oder „Ich muss mal eben meine Brille putzen“ bereit.

 

pete201601NACHBEMERKUNG

Irgendwie freue ich mich schon jetzt auf all die Facebook-Hasskommentare der generellen „Prequelgegner“, die in ihren Regalen Kopien von „Ben Hur“ (1954), „The Departed“ (2006), „The Thing“ (1982) oder „Invasion of the Body Snatchers“ (1978) stehen haben, aber über die mangelnde Originalität in Hollywood klagen. 

 

     
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