andromeda

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Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All / Virus Andromeda / Le mystère Andromède

(USA 1971)

Vorlage: Michael Crichton

Drehbuch: Nelson Gidding

Regie: Robert Wise

Kamera: Richard H. Kline

Schnitt: Stuart Gilmore, John W. Holmes

Musik: Gil Mellé

Darsteller: Arthur Hill, David Wayne, James Olson, Kate Reid

vlcsnap 2020 06 27 12h24m38s154

Most of them died instantly, but a few had time to go quietly nuts.

Bei Michael Crichton denkt man meistens sofort an Jurassic Park und danach entweder an Westworld oder ER. Angesichts des herausragenden Erfolges dieser Projekte fristen seine anderen Werke eher ein Schattendasein. So auch der erste unter seinem wirklichen Namen veröffentlichte Roman "The Andromeda Strain".

vlcsnap 2020 06 27 12h04m35s330Dabei konnte die Geschichte bei ihrer Veröffentlichung im Jahre 1969 überproportional Aufmerksamkeit erregen. Die Mondlandung und 2001 von Stanley Kubrick hatten in der Öffentlichkeit das Interesse an Weltraum und Science Fiction geweckt und das Buch verkaufte sich erstaunlich gut. So gut, dass sich ziemlich schnell auch Hollywood dafür interessierte.

Mit Robert Wise stand ein sehr erfahrener Regisseur zur Verfügung, der nicht nur für "Sound of Music" und "West Side Story" jeweils die Ocars für "Beste Regie" und "Besten Film" einheimsen konnte, sondern bereits 1951 mit "The Day the Earth Stood Still" einen echten Genre-Klassiker hingelegt hatte. Aber auch der Rest der Crew bestand aus hochtalentierten Mitstreitern. So wandelte Nelson Gidding die Vorlage in ein nahezu perfektes Drehbuch und schuf damit die Basis für einen starken und vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Meilensteins des Science Fiction Films.

vlcsnap 2020 06 27 12h22m57s718Er wagte dabei den damals sehr progressiven Schritt, einen der in der Vorlage ausschließlich männlichen Charaktere durch eine Frau zu ersetzen. Es war damals, gelinde gesagt, "unüblich" weibliche Wissenschaftler in einem Film darzustellen, aber diese Entscheidung erwies sich als goldrichtig, nicht zuletzt durch die tolle Performance von Kate Reid. Dankenswerter Weise verzichtet das Skript auch auf die heutzutage obligatorischen Liebesplots oder die so typischen Verwicklungen der Figuren aus vorherigen Zeiten. Allerdings erfordern die eingesetzten Rück- und Vorausblenden schon eine gewissen Aufmerksamkeit, was aber mit der spannenden Erzählweise recht gut harmoniert.

Es geht um eine in der Wüste abgestürzten Raumsonde, die anscheinend ein tödliches Virus als Mitbringsel von ihrer Mission nach Hause gebracht hat. Regierungsseitig wird nun die Aktion „Steppenbrand“ ausgerufen, welches die besten Forscher der Nation in einer geheimen unterirdischen Forschungsstation zusammenbringt, damit diese das Virus entschlüsseln und Bekämpfungsmethoden entwickeln.

vlcsnap 2020 06 27 12h06m03s517Der Fokus wird in der Geschichte eindeutig auf die technisch-wissenschaftlichen Aspekte gelegt und durch die nüchterne und geradezu fatalistische Erzählweise bekommt der Film eine einzigartige Atmosphäre. Geradezu brillant wird die unsichtbare Gefahr im Verlauf der Geschichte nach dem Howdunit (nicht: "Whodunit") Schema immer ein klein wenig sichtbarer gemacht und so der Spannungsbogen konsequent hoch gehalten. Die Figuren sind anfangs sehr weit vom Virus entfernt, kommen ihm aber immer näher bis hin zum Showdown, der dann deutliche Referenzen in Richtung Hitchcock aufweist.

Auffallend ist auch eine geradezu zelebrierte Liebe zum Detail, woraus sich ein fast schon provokant gemächliches Erzähltempo ergibt, was aber im Sinne der Spannung sehr gut funktioniert. Ironischer Weise sind die "wissenschaftlichen" Details mitunter komplett ausgedacht, was ihrer Glaubwürdigkeit aber kaum Abbruch tut. vlcsnap 2020 06 27 12h31m39s366So gibt es zum Beispiel eine elektronische Variante der potterschen Marauder's Map mit der die Position jedes Mitarbeiters auf einer Karte angezeigt werden kann. Schon die Vorlage bediente sich dieses Kniffs und schuf sich auf diese Weise eine Welt, wie sie für die Dramaturgie gerade sinnvoll ist. Das Buch geht sogar soweit, dass es einen mehrseitigen Literaturnachweis enthält, dessen angeführte Werke allesamt reine Fiktion sind.

Beeindruckend ist auch die akustische Untermalung. Gil Mellé, seines Zeichens Jazz Musiker und Pionier der elektronischen Musik, schuf den Soundtrack nach Art der Musique concrète: Geräusche und Instrumente wurden dazu verzerrt neu aufgenommen und mit den ersten (analogen!) Synthesizern gemixt. Das Ergebnis ist dabei mehr rhythmisch als melodiös und durch seine ungewohnten Harmonien auch definitiv mehr Klang als Musik. Allerdings entsteht durch diese Klangwelt eine bestechende Atmosphäre aus Technokratie und Fremdheit, vergleichbar mit dem fünfzehn Jahre vorher entstandenen Forbidden Planet. Der Soundtrack wurde später mit einer Golden Globe Nominierung bedacht.

vlcsnap 2020 06 27 12h17m03s878Aber nicht nur für die Ohren, auch für die Augen hat der Film so einiges zu bieten. Mit Douglas Trumbull stand einer der talentiertesten Spezialisten für Spezialeffekte der damaligen Zeit zur Verfügung, der vor allem durch seine Mitarbeit bei 2001 nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht hatte. Andromeda sieht man sein Herstellungsjahrzehnt zwar durchaus an, doch wurden heute vollkommen in Vergessenheit geratenen Mittel wie zum Beispiel Splitscreen derart elegant eingefügt, so dass sie auch heute noch richtig modern und ganz und gar nicht antiquiert wirken. Auch das streng geometrische Design der Forschungsstation versprüht immer noch sehr viel Charme.

Besonders faszinierend aus dem Blickwinkel der Gegenwart ist die Darstellung der Computer oder besser gesagt deren visuelle Umsetzung. Ohne die Möglichkeit von CGI wurden diese teilweise mit Hilfe von computergesteuerten Makroaufnahmen erstellt, die dann in einem aufwändigen Prozess auf 35 Millimeter gebannt wurden. Trotzdem wirken die Effekte wie auf den ersten Computern erstellt, wirklich erstaunlich.

vlcsnap 2020 06 27 12h24m05s331Angesichts dieser Lobeshymnen bleibt am Ende die Frage, warum Andromeda kein nachhaltiger Erfolg beschieden war. Obwohl als aufwändige Produktion von einem großartigen Team erstellt führt der Film ein reines Schattendasein und fehlt mitunter sogar in den Biografien der Macher selbst. Das mag auch daran liegen, dass die Schauspieler allesamt zwar lange Zeit im Geschäft blieben, aber dabei nie den B-Status ablegten.

Wahrscheinlich ist Andromeda aber in seiner Machart einfach zu puristisch und sein Thema einfach zu unangenehm, als dass er bei der breiten Masse nachhaltig punkten könnte. Aber auch wenn wir nun alle am eigenen Leib erfahren, welche Auswirkungen ein so kleiner Organismus auf unser aller Leben haben kann, befürchte ich, dass dieser Umstand nicht zur späten Popularität von The Andromeda Strain beitragen wird.

Zuschauern mit ausgeprägtem Geek Faktor sei er aber wirklich ans Herz gelegt.

Sören

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