SnuffSnuff Tape Anthology (2016)

 

 

Jedes Genre entwickelt sich weiter, die „Snuff Tape Anthology“ ist ein Beweis, das dies auch auf den deutschen Amateursplatterbereich zutrifft. Allerdings entwickelt sich nicht jedes Genre zu seinem Vorteil weiter und auch dafür liefert die „Snuff Tape Anthology“ Beweise zu Hauf.

Aber worum geht es denn auf diesem Silberling, den mir der Verleiher Blacklava netterweise unverlangt hat zukommen lassen?

Nun, wie der Titel schon andeutet handelt es sich um eine Sammlung von Fake-Snuff-Filmen von 4 bis 24 Minuten Länge, die sich bemühen, so pervers wie eben nur möglich, die Folterung, Tötung und Zerstückelung von Menschen darzustellen. Wem das bereits als Information genügt, der kann gerne zuschlagen, wen meine Meinung zu solcherlei Kurzfilmen interessiert, der sollte weiterlesen.

Der Filmreigen beginnt mit einem 4-minütigen Werk namens „Back & Died“, in dem die subjektive Kamera in einem Mülleimer etwas findet, das wohl eine Babyleiche sein soll, sich beim näheren Hinsehen aber als Plastikpuppe ent“puppt“, die daraufhin zerquetscht, zerrissen und zermatscht wird. Dies ist nun auch der originellste Film der Serie, denn er ist zumindest nicht im Badezimmer des Regisseurs entstanden, das wir ab dem zweiten Filmchen in aller Deutlichkeit und – im Laufe der anderen herrlichen Meisterwerke – aus jedem möglichen und unmöglichen Kamerawinkel kennen lernen. Auch handlungsmässig wird in der Folge eher einheitlicher Brei geboten. Opfer liegt gefesselt und zum Spielen passend verpackt in der Wanne, Täter nimmt sch irgendeinen Gegenstand zur Hand und wirkt damit auf es ein.

Originell wird es höchstens dann einmal, wenn die zur Vorführung gebrachten Scheußlichkeiten von der Idee her so absurd werden, dass es schon fast wieder Spaß macht sie zu sehen. Ich weise deutlich darauf hin, dass ich FAST geschrieben habe, den so richtige Unterhaltung will sich bei mir halt nicht einstellen, wenn z.B. ein Tampon aus einer verwesten Leiche gezogen und dann genüsslich ausgelutscht wird. Ekelig finde ich das allerdings – mal abgesehen von der perversen Grundidee – auch nicht wirklich denn die Effekte erinnern doch sehr stark an die frühen Versuche eines Andreas Schnaas.

Wow, welch ein eleganter Schwenk zurück zur Einleitung dieses Textes – manchmal bewundere ich mich fast selber für solche Bonmots.

Wo wir gerade vom Mastermind hinter dem Deutsch-Gore-„Klassiker“ „Violent Shit“ reden, der ja mit seiner Einstellung „egal wie untalentiert wir sind und wie schlecht unsere Filme aussehen, wenn genug Blut spritzt werden die Gorebauern das schon kaufen“ ein Untergenre begründet hat, das neben dem „German Scheisse Porn“ unser zweitbeliebtester filmischer Exportschlager zu sein scheint. Sorry Mister Schweiger, aber wenn sie wirklich Geld in Amerika verdienen wollen, sollten sie auf Körperausscheidungen und sinnlose Gewaltexzesse umsteigen. Leider ist das Genre im letzten Vierteljahrhundert noch weiter degeneriert und wo früher noch rudimentäre Reste einer Geschichte vorhanden waren, beschränkt sich die Kreativität der heutigen Futterlieferanten fürs Gore-Volk nur noch auf das Abfilmen der diversen Tötungs- und Folterszenen. Die einzige Neuentwicklung ist wohl scheinbar, das die mittlerweile auf HD gebannten filmischen Verbrechen mittels einen VHS-Filters in Adobe Premiere nun wieder künstlich mit Drop-Outs und Farbschlieren versehen werden. Da hört die Kreativität dann aber schon auf – leider, denn in Bezug auf die Spezialeffekte kann man beim Schauen der Anthologie (die aus Werken der letzten 5 Jahre besteht) durchaus eine Entwicklung zum Positiven feststellen.

Ebenso auf der Plusseite anzurechnen ist die musikalische Untermalung des Gematsches. Es handelt sich um Werke der Musikrichtig Nekrocore, die mir als altem Rocker eher unbekannt war, und die trotz martialischer Bandnamen wie „Anal Fistfuckers“ oder „Kadaverficker“ und Titeln wie „Kot für die Welt“ und „Abtreibung ist die beste Medizin“ interessante musikalische Strukturen zu Gehör bringen die zwischenzeitlich durchaus rockig-melodisch daherkommen und nur relativ selten von Gegrunze und Geschreie unterbrochen werden.

snuff2Aber alles in allem ist das Schauen der „Snuff Tape Anthology“ in etwa vergleichbar damit kleinen Kindern beim spielen im Matsch zuzusehen. Nicht gerade der schönste Anblick und man stellt sich schon währenddessen die Frage, wie man das alles wieder sauber bekommen soll; aber im Endeffekt gönnt man den Kleinen den Spaß und hofft, dass sie sich mal zu normalen Mitgliedern der Gesellschaft entwickeln.

Die DVD kommt als Doppelscheibe (als Digipack für 19,99€ oder in einer streng limitierten Box in Lederoptik für 29,99 €) ins Haus und beinhaltet noch einige ziemlich coole Making Ofs, bei denen man durchaus das Gefühl bekommt, die Macher wäre zumindest mit Spaß bei der Sache, sowie den kompletten Soundtrack auf dem sich auch oben erwähnte Musikstücke finden lassen.

Sicherlich ist das ein Release für ein spezielles Publikum und wer weiß, vielleicht hätte ich im Alter zwischen 20 und 30 Jahren so etwas auch toll gefunden, aber heutezutage verlange ich (gerade weil es so mittlerweile einfach ist vernünftige Qualität ohne großen finanziellen Aufwand zu produzieren) von einem Amateurfilmer zumindest ein wenig Talent und Gefühl. Reines Abgefilme von Matschereien erzeugt bei mir nichts anderes als Langeweile, da hilft es auch nicht wenn ab und an mal in die Kamera gekotzt oder auf eine Leiche geschissen wird, womit dann auch klar sein dürfte, was ich von der berüchtigten „Vomit Gore“-Trilogie halte.

Ein kleiner Tipp für Fake-Snuff-Fans, die Highlights des Genres stammen NICHT aus Deutschland. Hier würde ich eher die „August Underground“-Serie einordnen, die sicherlich auch keine filmischen Meisterwerke sind, aber zumindest Grundzüge einer Geschichte erzählen und durch ihre konsequente „Found Footage“-Stylisierung zumindest etwas „realistischer“ wirken.

Wie erwähnt, danke für die Zusendung an Blacklava. Auch wenn Euch das Review vielleicht nicht so sonderlich gefallen dürfte bin ich zumindest meiner Chronistenpflicht nachgekommen und wer weiß, vielleicht findet sich ja auch unter den Leser der ein oder andere, der genau auf diese Anthologie gewartet hat - ich war es leider nicht. 

dia