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Krieg im Weltenraum (1959)
Uchû daisensô

Regie: Ishirô Honda

Spezialeffekte: Eiji Tsuburaya

Musik: Akira Ifukube

Darsteller: Ryô Ikebe, Kyôko Anzai,
Minoru Takada, Len Stanford, Harold Conway

 

Ab 18. August als Nummer 8 der
“Rache der Galerie des Grauens” von Anolis

 

In den ersten drei Minuten von „Krieg im Weltenraum“ wird eine über der Erde kreisende bemannte Raumstation von einer Reihe UFOs zerstört und mir schoß ein Blitz des Erkennens durchs Hirn. Nicht nur, dass es sich um einen der stärksten Opener des Science Fiction Genres vor 1977 handelte, nein, dieser Film hatte mich über Jahre hinweg ohne mein Wissen beeinflusst.

wr01Bereits im frühesten Kindesalter begann ich nämlich damit Science Fiction zu lesen – und zu zeichnen. Raumschiffe und Weltallschlachten waren - im Gegensatz zu gleichaltrigen, die sich mit Häusern, Gärten und der in der Ecke scheinenden Sonne beschäftigten, mein Ding.

Ich nutzte die im Kindergarten gelernte Wachskratztechnik zur Gestaltung meines eigenen bunten Weltraums und die Raumschiffe, die ich zeichnete sahen ganz genau so aus wie im vorliegenden Film, den ich scheinbar in einer Matineevorstellung in den späten 60ern gesehen haben musste. Die vierarmigen Roboter, die außerdem immer wieder in meinen Zeichnungen auftauchten, konnte ich mittlerweile in einem der „Planetenkriege“ von Anthonio Margheriti lokalisieren  (der mir immer noch in meiner Sammlung fehlt, also hergehört ANOLIS), aber die irwitzigen Raumschiffdesigns hatte ich immer auf meine TERRA oder Perry Rhodan-Fantasie zurückgeführt.

Aber ich wollte ja eigentlich den Film, bzw. die aktuelle Veröffentlichung von ANOLIS besprechen und Euch nicht mit meinen Kindheitstraumata langweilen. Im „Krieg im Weltenraum“ geht es, was speziell in Bezug auf die sonstigen Betitelungen von TOHO-Filmen in Deutschland überraschend ist, um einen Krieg im Weltraum. Böse Ausserirdische vom Planeten Natal (hmmmh, ein Schelm wer hier an Geburt denkt) haben eine Basis auf dem Mond errichtet und starten von dort aus zerstörerische Angriffe auf die Erde.

wr02Nachdem sie einem Zug die Brücke unter dem Hintern weggezogen und einen Hafen „bildschön“ zerlegt haben, schließen sich alle Völker der Erde (unter der Leitung Japans) zusammen um den bösen Invasoren den Garaus zu machen. In Windeseile werden zwei Raumschiffe konstruiert und auf den Mond geschickt, um die Basis der Invasoren mittels einer Superwaffe dem Mondboden gleich zu machen.

Als dies erledigt ist – nicht natürlich ohne dass sich einer der Helden opfern muss – könnte der Film eigentlich enden, aber überraschender Weise legt er erst jetzt richtig los und bietet in der letzten halben Stunde noch nahezu Emmerich-mässige Zerstörungsorgien und weitere Laserschlachten.

„Krieg im Weltenraum“ ist tatsächlich in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnlicher Film. Zuerst einmal hebt er sich aus dem Oeuvre von Regisseur Ishirô Honda und Spezialeffektmann Eiji Tsuburaya dadurch hervor, dass in ihm keinerlei Riesenmonster auftauchen. Selbst in ihrem 2 Jahre zuvor enstandenen Science Ficton Film „Weltraum-Bestien“ (The Mysterians/ Chikyû Bôeigun) hetzten die bösen Ausserirdischen ein Monster auf die Menschheit. Ganz im Gegenteil sind die Agressoren im vorliegenden Film eher kleinwüchsig, dafür aber der Menschheit waffentechnisch erheblich überlegen – zumindest am Anfang.

wr06Des Weiteren bietet der Film eine Unmenge an Weltraumkämpfen und Schlachten auf der Erde, die man nie zuvor in dieser Ballung auf der Leinwand sehen konnte. Selbst der von George Pal produzierte und von Byron Haskin gedrehte Kampf der Welten (War of the Worlds, 1953) bot im Vergleich der gezeigten Zerstörung nur ein laues Lüftchen. Beim “Krieg im Weltenraum“  kracht, knallt und blitzt es an allen Enden, die Menge der sichtbaren (und handgekratzten) Laserschüsse hat nahezu Star Wars-mässige Dimensionen, ebenso wie die Masse an produziertem Raumschrott.

Sicherlich sind die Effekte aus heutiger Sicht eher naiv und nahezu jeder Führungsfaden an den Raumschiffmodellen sichtbar, aber das war uns auch damals im Kino schon bewusst, es ist tatsächlich nicht so – wie Herr Dr. Giesen immer wieder, und auch hier, in seinen Audiokommentaren betont -, dass erst der HD-Transfer diese Fehler sichtbar macht. Es hat uns schon vor fast 50 Jahren Spaß gemacht, herauszufinden „wie“ und „wo“ versucht wurde zu tricksen. Außerdem wirken die Modelle als solches tatsächlich eher künstlich, aber das genau ist der Stil der TOHO-Produktionen, den wir liebten – und irgendwie immer noch lieben.

wr03Unter der Masse der Effekte leiden allerdings gerade beim Weltraumkrieg, die Figuren. Alle Caraktere bleiben erschreckend blass, bei der ständigen Kanonade an Effektsequenzen, bleibt keine Zeit Personen vorzustellen, potentielle Helden und Heldinnen versinken in der Masse der Gruppenszenen (Raumschiffbesatzungen, eine Art UNO, die sich gegen die Invasoren zusammensetzt, oder ganze Horden Militärs in einem Stützpunkt).

Deutlich allerdings wird Hondas – auch wenn das im Zuge des Filminhaltes seltsam klingt - pazifistische Einstellung. Unter der Bedrohung von aussen fallen die Schranken der Landesgrenzen, die Katastrophe wird global dargestellt und ebenso global bekämpft. Selbst die Besatzungen der beiden Mondraumschiffe setzen sich nicht nur aus Asiaten zusammen, sondern bieten einen Mix aus verschiedensten Nationalitäten an. Im Finale versetzen Japan, Russland und die USA den Invasoren gemeinsam den finalen Todesstoß – und das zu Zeiten des kalten Krieges.

wr11Mit Sicherheit ist „Krieg im Weltenraum“ nicht Hondas beste Arbeit, aber das stört hier in keinster Weise, bekommen wir doch sozusagen ein Showreel von Eiji Tsuburaya und seinem Team geboten. Mehr als die Hälfte des Filmes besteht eigentlich aus Spezialeffektaufnahmen, begonnen mit einfachen BlueScreens, über komplizierte Matte-Shots, die diversen Raumschlachten und Modellaufnahmen, bis hin zur Zerstörung von Städten und Wahrzeichen – bis auf Riesenmonster bekommt man alles geboten, was an Tricktechnik in den Jahren vor Kubriks „2001“ möglich war.

Dieser Film ist bei Weitem kein Trash, sondern ein Cinemascope- (oder besser Tohoscope-) Spektakel, das man gesehen haben muss.

 

ZUM RELEASE VON ANOLIS

Was soll man noch sagen, was ich nicht schon in vielen anderen Reviews geschrieben habe. Wieder einmal fällt auf, mit wie viel Liebe zum Detail die Serie „Rache der Galerie des Grauens“ gestaltet ist.

wr04Das beginnt mit der Restauration, die wieder einmal besonders feinfühlig ist und zum Beispiel Schmutz, bei einigen Einstellungen bewusst nicht entfernt oder auch den ein oder anderen Laufstreifen zwar abschwächt, aber nicht ganz herausfiltert. Außerdem fallen wieder die originalgetreuen Farben auf, an die ich mich aus meiner Kindheit und Jugend noch erinnern kann. Toho-Filme hatten eine ganz besondere Farbdramaturgie, die sie – selbst aus anderen asiatischen Filmen – herausstechen liessen und die sich bei mir und meinen Altersgenossen eingebrannt haben.

Bei den Extras stechen natürlich wieder die zwei Adiokommentare hervor. Zuerst einmal unterhält sich Dr. Rolf Giesen mit Jörg M. Jedner, die beiden bieten wieder einmal eine schöne Zeitreise mit netten Anekdoten und der ein oder anderen Hintergrundinfo an. Ich liebe es einfach diese Kommentare während der Arbeit zu hören, da sie auch vom Film getrennt wunderbar funktionieren. Detaillierter auf die Produktion und Geschichte des Filmes gehen dann schon Autor Steve Ryfle und Ed Godziszewski, der Herausgeber des Giant Monster Magazines – allerdings natürlich auf englisch – ein. Hier gibt es sogar noch einige eingespielte Interviewclips der Cast.

er09Zusätzlich finden sich auf der Scheibe auch noch die japanische Version des Filmes, der deutsche Trailer, eine Riesenmenge an diversen Werberatschlägen, Werbematern und Filmprogrammen, sowie eine herrliche Super8-Fassung, bei der der gesamte Plot um die Mondbasis der Außerirdischen weggelassen wurde.

Über Verpackung und Booklet der Veröffentlichung kann ich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nichts sagen, aber dafür gibt es ja unten das Zocki-Video.

Von mir gibt es – wie üblich – alle Daumen und Zehen nach oben. Das Teil gehört ins Regal.

dia

P.a:
Wo wir gerade beim Thema waren – warum sehen Super8-Scans eigentlich immer so furchtbar aus? Ich weiss aus Erfahrung, dass dieses Format scharfe Bilder und realistische Farben produzieren konnte. Liegt es wirklich am sich auflösenden Filmmaterial, oder ist unsere heutige Scantechnologie noch nicht so weit 8mm breite Bilder zu digitalisieren?

 

 

 

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