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(USA 2019)

Regie: Anthony Russo, Joe Russo

Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely

Darsteller: Brie Larson, Robert Downey Jr., Karen Gillan, Scarlett Johansson, Chris Evans,
Chris Hemsworth, Bradley Cooper

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“The world has changed. None of us can go back. All we can do is our best.
And sometimes the best that we can do... is to start over.”



Einleitung
oder
Einige Gedanken zum Superheldenkino

Direkt zum Review


Bekanntlich stamme ich noch aus einer Zeit, in der es nicht normal war, dass sich auf der Kinoleinwand Superhelden tummelten. Diese Gestalten in bunten Spandex-Anzügen gehörten mit all ihren Problemen und Fähigkeiten auf die Seiten der Comichefte, der Versuch einer filmischen Umsetzung war von vorneherein zum Scheitern verurteilt, was uns „Filme“ wie die unsäglichen „Spider-Man“ Zusammenschnitte der US-TV-Serie (1979-81) oder parodistisch angelegte Streifen wie „Supersonic-Man“ (1979) deutlich bewiesen hatten.

oldpics 002Selbst der teuer produzierte „Superman“ (1978) mit Christopher Reeve ist nicht wirklich ein Actionfeuerwerk, wurde seinem Slogan „Unglaublich – ein Mensch kann fliegen“ nicht wirklich gerecht und würde in der heutigen Zeit aufgrund seiner langsamen Erzählweise und seinem wenig kinetischen visuellen Stil noch nicht einmal im TV sonderlich auffallen.

Trotzdem träumte man als Fan immer davon irgendwann einmal eine adäquate Umsetzung der bunten Heftchen auf der Leinwand zu sehen. Die „bunten Helden in den Popkostümen“ (Extrabreit, Superhelden) hatten sicherlich Potential fürs Kino, alleine waren weder die Technik noch die Sehgewohnheiten des Publikums so weit. Doch selbst in unseren kühnsten Träumen hätten wir uns niemals vorstellen können, was uns seit Ende der 90er alljährlich mehrfach präsentiert wird. Spätestens mit dem Release von Sam Raimis „Spiderman“ (2002) schien alles möglich zu sein und jedes Studio bemühte sich schnellstmöglich so viele Lizenzen wie möglich einzukaufen.

Ebenso wenig hätte man aber auch damit rechnen können, dass sich beim Zuschauer eine gewisse Ermüdung einstellt. Bei mir zumindest ist der Punkt an Überfütterung schon seit einigen Jahren erreicht.

oldpics 003Sicherlich versuche ich immer noch zumindest die Zeltpfosten des Genres im Kino zu sehen, aber überraschen können mich Superheldenfilme eigentlich nur noch, wenn sie eigene Wege gehen. „Kleinere“ Werke wie „Thor Ragnarock“, die beiden Ant-Man-Filme, Deadpools Auftritte oder das eher depressive Ende von Logan finde ich grundsätzlich interessanter, als ein weiteres Schlachtgetümmel, das mit einer Orangen-Story (wie es der derzeitige US-Präsident ausdrücken würde) beginnt und mit einem Kampf Held gegen ähnlich strukturierten Supergegner endet. Von diversen Leuchtfeuern auf Hochhäusern fange ich gar nicht erst an.

Trotzdem hat mir der erste Teil des hier zu besprechenden Filmes äußerst gut gefallen, speziell weil ihm der Kunstgriff gelang die versammelte Heldentruppe in der ersten Filmhälfte scheinbar mühelos einzuführen, ohne die wirklich dramatischen Momente zu vernachlässigen. Ich muss zugeben, dass mich die Szene in der Thanos seine Tochter opferte sogar einigermassen mitgenommen hat. Trotzdem, als es dann zum Endkampf kam und sich der Film auf die grünen Ebenen von Wakanda verlagerte, stellte sich wieder dieses Gefühl des „Nun reicht es aber auch langsam“ ein. Anstelle von Charaktermomenten gab es jetzt nur noch Bumm und Krach wodurch das eigentliche Ende nicht wirklich bei mir zündete.

oldpics 001Man stelle sich nur mal vor Marvel hätte hier den Mut gehabt, den Schlußkampf ein wenig kürzer zu gestalten und sich dafür die Zeit genommen die Nachwirkungen von Thanos Fingerschnippen noch zu verdeutlichen. Einige Einstellungen aus den Städten, in denen durch das Verschwinden der halben Bevölkerung das Chaos tobte, Gesichter von „normalen“ Menschen, deren Partner oder Kinder plötzlich vor ihren Augen verschwunden sind und von dort aus vielleicht eine Kamerafahrt an deren Ende man die Erde im Weltall sieht und nur einen allgemeinen Aufschrei oder ein Weinen hört.

Mein Gott, das hätte mich tatsächlich mit einer Gänsehaut aus dem Kino geschickt. Tatsächlich aber hat die Reduzierung auf die Leiden der Helden mich ziemlich kalt gelassen, zumal man als alter Comicfan ja genau weiß, das der Tod im Spandex-Universum nur eine zeitweilige Unpäßlichkeit ist.

Somit dürfte also klar sein, dass „Avengers: Endgame“ nicht wirklich der von mir meist erwartet Film des Jahres ist. Sicher habe ich mich drauf gefreut zu sehen, wie die Geschichte nun zu Ende erzählt wird, aber mit „Shazam“, „Spiderman Multiverse“  und „Captain Marvel“ habe ich zwischenzeitlich bereits drei weitere Superheldenfilme gesehen und meine Grundbedürfnisse in dieser Richtung sind eigentlich erfüllt.

Somit saß ich also zwar interessiert aber nicht sonderlich involviert in der Pressevorführung, was bedeutet, dass ihr im folgenden ein vielleicht ehrlicheres (und natürlich spoilerfreies) Review erwarten könnt, als von einem Fanboy, der sich die letzten 12 Monate damit beschäftigt hat sich seltsame Theorien aus den Fingern zu saugen.

Also dann – Licht aus, Vorhang auf...

Kritik

endgame 001"Avengers: Endgame" beginnt tatsächlich schon vor dem eigentlichen Marvel Vorspann mit einer Überraschung, die ungefähr dem entspricht, was ich zum Ende von "Infinity War" erhofft hatte. Diese Pre-Firmenlogo-Szene zeigt uns auf beeindruckende Weise, in wie fern Thanos Fingerschnippen das Leben "normaler" Menschen beinflusst hat. Das Drama um den Verlust der halben Erdbevölkerung wird uns auch in den ersten 20 Minuten des Filmes sehr schön nahe gebracht, in dem wir unsere überlebenden Helden als gebrochene Figuren kennen lernen.

Speziell den, durch eine weitere Überraschung zur Erde zurückgekehrten, Tony Stark hat der Verlust des "Kids" am Ende des letzten Teiles schwer zugesetzt. Trotzdem entschließt sich die gesamte Heldentruppe dazu Thanos aufzuspüren und ihm mal richtig kräftig in den Allerwertesten zu treten, was auch noch bevor das erste Drittel des Filmes durch ist geschieht. Und von diesem Zeitpunkt an wird "Endgame" zu einem Plottwist-Movie erster Kajüte und jedes weitere Wort über den Inhalt wäre zu viel des Guten und würde viel vom Spaß wegnehmen. 

endgame 004Tatsächlich gelingt dem Film nämlich das nahezu Unmögliche, nämlich eine durchgehende Spannungskurve durchzuhalten, obwohl es dem Zuschauer von vorneherein klar ist, dass der "Fingerschnipser" zum Ende hin rückgängig gemacht werden muss. Der Weg dorthin ist aber für unsere Helden durchaus steinig und mit einigen herben Verlusten versehen, denn - so viel darf man wohl verraten - nicht jeder unserer buntberockten Weltenretter erlebt das Ende des Endspieles.

Das heißt jetzt aber nicht, dass der Film in DC-mäßigen düsteren Gefilden wandelt, der allseits beliebte Marvel Humor funktioniert hier auch immer noch, speziell weil wir hier auch wieder unterschiedliche kleinere Teams bei ihren Abenteuern begleiten dürfen, da sich die Haupthandlung wieder einmal mehr auf vier und mehr Schauplätze verteilt bis dann zum Schlußkampf endlich wieder alle vereint sind.

endgame 006Ein weiteres Highlight sind natürlich die diversen Cameo-Auftritte von nahezu sämtlichen Figuren, die wir in den letzten zehn Jahren kennen und teilweise lieben gelernt haben. Michael Douglas, Stan Lee, John Favreau, Tilda Swinton, Michelle Pfeiffer...die Liste ist viel zu lang um sie hier aufzuzählen und bei einigen der Auftritte fragt man sich schon, ob das jetzt wirklich Frau XXX war, die sich da nur kurz in einem Bett geräkelt hat.

Interessant ist auch, dass der Film nach dem eigentlichen Schlußkampf - auf den natürlich kein Marvel Film verzichten darf - noch cirka 30 Minuten weiter läuft ohne dass es eins auffe Ömme gibt. Im Gegensatz zum Herr der Ringe-Abschluß "Return of the King" wirkt das aber nicht übertrieben schmalzig (obwohl man das ein oder andere Tränchen verdrückt) sondern eher wie ein Neuanfang - und darum handelt es sich auch.

endgame 008"Avengers: Endgame" ist somit tatsächlich das erhoffte Finale einer 21 Filme umfassenden Reihe, nach dem man nicht mehr gezwungen ist sich weitere Marvel Filme anzusehen. Bis auf "Spiderman - Far from Home", der in den nächsten Monaten sozusagen die Coda der Geschichte bilden wird, beginnt in den nächsten Marvel-Filmen eine neue Serie mit neuen Storylines und einer Mischung aus neuen und alten Helden. Ob die uns genau so packen und dreimal jährlich ins Kino locken wird, bleibt abzuwarten.

Ich zumindest bin sehr zufrieden, dass es dem Studio gelungen ist ein würdiges Finale zu schaffen, bei dem es wenig zu meckern gibt. Die logischen Fehler, die sich aus der Grundgeschichte ergeben, werden sicherlich in den nächsten Wochen und Monaten noch für einige Diskussionen sorgen, aber das ist ja auch ein Teil des Spaßes.

dia

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