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Gojira tai Megaro / Gorgo y Superman se citan en Tokio / Godzilla vs. Megalon

(Japan 1973)

Regie: Jun Fukuda

Drehbuch: Jun Fukuda, Takeshi Kimura, Shin'ichi Sekizawa

Darsteller: Katsuhiko Sasaki, Hiroyuki Kawase, Yutaka Hayashi

KK 1973 007

"Look, you're sure you want to go? Could be damned dangerous."

"I know but I built that robot myself. I feel responsible."

"So he's like a son? That's very touching."

Unterirdische Atomtests sind eine lästige Sache, immerhin lösen sie Erdbeben mittlerer Stärke aus und bringen dadurch ganze Seen zum Austrocknen. So ist es kein Wunder, dass sich die Einwohner des versunkenen Reiches Seetopia ordentlich belästigt fühlen. Und was macht man dann? Nun, was eben allgemein so tut wenn der Nachbar in der Mittagspause den Rasen mäht oder einem anderweitig auf den Senkel geht: man bläst zum Vernichtungskrieg gegen die Menschheit.

KK 1973 011Glücklicherweise gibt es in Japan aber nicht nur Atomtester sondern auch kluge Köpfe mit altklugen Kindern, die gerade eine neue Erfindung ausgebrütet haben, nämlich den verdächtig nach „Urutoraman“ bzw. „Ultraman“ und anderen Superhelden aussehenden Roboter Jettojagā (der auf englisch Jet Jaguar heißt und in Deutschland aufgrund der unverwechselbaren Ähnlichkeit nach einem berühmten Riesenaffen benannt wurde). Teil des diabolischen Plans der Seetopianer ist es, Jet Jaguar zu klauen, in Massenproduktion nachzubauen und eine gewaltige Roboterarmee aufzustellen – hämisch gesagt also die damals gängigen Methoden fernöstlicher Industrie („Wer Autos nachmacht oder verfälscht… ist ein Japaner!“) zu kopieren um damit nachhaltigen Schaden anzurichten. Und weil das für sich alleine genommen ein wenig doof wäre, viel zu lange dauern würde und wir uns einen Kaijū ansehen, entfesselt das empörte Volk von Seetopia gleich auch noch das Ungeheuer Megaro (bzw. Megalon), auf dass es die Erdenbewohner Mores lehre bis das Jet Jaguar-Droidenheer fertig ist. Nur haben die Seetopianer die Rechnung selbstverständlich ohne die Strahlflugzeugsgroßkatze gemacht, denn ein King Kong lässt sich nicht einfach mal so klauen und legt sich im weiteren Verlauf des Films – nachdem er mal nebenbei von Menschengröße auf das standesgemäße Godzilla-Format herangewachsen ist (Technik macht eben so manches möglich) – tatkräftig mit Megaro an, damit das Publikum ausgiebige Monsterkloppereien genießen kann, bei denen eigentlich nur noch der große Grüne fehlt um den Spaß zu vervollständigen.

KK 1973 002Und ja, die Monsterechse Gojira fehlt diesem dreizehnten Beitrag zum Franchise tatsächlich sehr lange. Das liegt daran, dass Toho seinerzeit einen Wettbewerb ausschrieb, bei dem Fans ihre eigenen Monsterkreationen einreichen durften. Der Gewinner war Jet Jaguar (und mit Blick aufs Design, das man bestenfalls noch damit entschuldigen kann, dass sein Schöpfer ein Schüler war, will man gar nicht wissen was da sonst noch so an Ideen eingeschickt wurde) und ursprünglich sollte der Blechkopf sogar seinen eigenen Film spendiert bekommen. Allerdings traute man der Sache dann doch nicht so recht über den Weg und entschied sich dazu, auch Godzilla einen Auftritt zu spendieren um das Projekt abzusichern.

Diesen Kompromiss merkt man „Gojira tai Megaro“ allerdings an jeder Stelle an. Godzilla ist bestenfalls der Gaststar, der den Karren bzw. den ganzen Film aus dem Dreck ziehen muss, nachdem King Kong von den Dämonen aus dem All, die eigentlich aus dem Erdinneren stammen, ordentlich Dresche gekriegt hat, der Großteil der Laufzeit wird hingegen für eine recht sonderbare Selbstfindungsgeschichte verbraten. Zu Beginn ist Jet Kong nämlich lediglich ein von Menschen erdachtes Wunderwerk (man wundert sich nämlich ständig, wiesoweshalbwarum jemand so einen Blecheimer konstruieren sollte), per Fernbedienung gesteuert und damit aus moralischer Sicht neutral, weil man Technik made in Japan nun mal zum Guten aber auch zum ganz, ganz Schlechten einsetzen kann.

KK 1973 005Im weiteren Verlauf der Handlung hat King Jaguar aber sein Skynet-Erlebnis, entwickelt ein eigenes Bewusstsein und übernimmt die (Selbst-)Kontrolle, weil er frei von menschlichen oder seetopianischen Einflüssen besser auf die Bedrohung durch Megalon reagieren kann. Dadurch breitet Regisseur Jun Fukuda trotz des generell optimistischen Grundtenors seines für ein junges Publikum konzipierten Films dann doch eine recht ambivalente Haltung zum technologischen Fortschritt aus – gewissermaßen kann die Technik ihr Potential zum Guten nämlich erst dann ausschöpfen und positiv zum Allgemeinwohl beitragen, wenn sie sich „emanzipiert“ und als mehr als ein Werkzeug zu Souveränität gelangt. Den Staffage bleibenden Menschen hingegen ist diese Leistung nicht zuzutrauen, zumal das Militär wie üblich gar nichts taugt obwohl man nach „Gojira“, „Sora no Daikaijū Radon“, „Mosura“ und wie sie alle heißen dort so langsam mal die Lektion „Was tun wenn riesenhaftes Ungetier Tokyo plattmachen will?“ gelernt haben sollte.

godzilla vs megalon condom womenDie Seetopianer schneiden im Vergleich zur zivilisierten Welt aber nicht bedeutend besser ab: die Idee, Megaro loszuschicken kann man dabei noch als Schwachsinniade verbuchen, mit der ein Alibi für Monsterkämpfe geschaffen wird, etwas augenfälliger hingegen ist die Doppelrolle ihrer Kultur. Denn einerseits haben wir es mit einem angeblich wissenschaftlich und technologisch weit fortgeschrittenen Volk zu tun, andererseits hausen sie aber vergessen irgendwo ganz tief unten (verdrängt ins Unterbewusstsein), stehen für das Uralte, das man niemals ganz los wird, und veranstalten rituelle Stammestänze, die sie als im Kern rückständig mit Hang zu kollektivistischen Massenerlebnissen entlarven.[1] Bei diesem nicht gerade vertrauensvollen Blick auf die oberirdischen und unterirdischen Menschlein ist es jedenfalls beachtlich, dass King Jet nicht kurzerhand die Seiten wechselt um bei der Weltvernichterei mitzumachen (bis zum düsteren „The Terminator“ war es eben noch ein weiter Weg…).

Der letzte Punkt, der die innere Unschlüssigkeit Fukudas über das, was er da fabrizierte, unterstreicht ist schließlich der Auftritt von Godzilla bzw. das Bündnis, das der Superroboter mit dem Urzeitwesen schließt, um Megaro und dem inzwischen zur Verstärkung angerückten Gaigan (warum hat der eigentlich keinen deutschen Namen spendiert bekommen? War Frankenstein gerade besetzt? Aber immerhin kommt er sogar aus dem Weltall…) zu zeigen, wo Bartel den Most holt. KK 1973 004Ob aufgrund produktionsbedingter Kompromisse oder absichtlich – wenn man das Händeschütteln von Gojira und Jettojaga ernst nimmt bietet der Film damit genau dieselbe merkwürdige Gleichzeitigkeit von Traditionalismus und Fortschritt als Lösung an, die für den Konflikt zwischen Seetopianern und Menschen ursprünglich verantwortlich ist. Am Ende kehrt Gojira, der radioaktive Drache, dann wieder auf die abgeschiedene Monsterinsel zurück, Jet Jaguar, das zum Subjekt gewordene Objekt, hingegen übergibt sich erneut der Kontrolle durch die Menschen, womit im Grunde genommen wieder alles offen bzw. die nächste Reiberei zwischen Moderne und grauer Vorzeit vorprogrammiert ist. Und selbstverständlich kam diese nächste Reiberei schon bald, denn die klassische Shōwa-Reihe fand erst mit dem 15. Godzilla-Film ihren Abschluss.

Ein wenig ermüdet war sie aber bereits bei diesem 13. Beitrag. Der Inhalt ist trotz der vordergründig simplen Geschichte  auch dann noch reichlich konfus wenn man Bezüge zum japanischen Selbstverständnis als Wirtschaftsmacht herstellt[2], zusätzlich fährt „Gojira tai Megaro“ die mit Abstand lächerlichste Monstershow bisher auf. Das Jet Jaguar-Design wurde ja bereits gegeißelt – aber Megaro der Hoppelkäfer… au weia!

KK 1973 009Den muss man einfach in Aktion gesehen haben um es zu glauben. Und auch das Recycling von Gaigan stellt nicht gerade einen Glücksgriff dar, da dieser schon in „Chikyū Kōgeki Meirei: Gojira tai Gaigan“ eher einfallslos wirkte. Hinzu kommen die üblichen, wenig überzeugenden Balgereien von Männern im Gummikostüm auf Opas Eisenbahnanlage, die diesmal zumeist irgendwo im Freien stattfinden, so dass nur wenig Architektur zu Bruch geht. Eine etwas aufwendigere Stadtsanierung nach Monsterart wurde hingegen kurzerhand aus „Sandai Kaijū: Chikyū Saidai no Kessen“ entnommen um die Produktionskosten gering zu halten, weshalb man den Film zu Recht als Durchhänger sowohl innerhalb der Reihe als auch innerhalb von Fukudas Filmschaffen bezeichnen kann. Zwar bleibt er seiner Linie treu und zeichnet Gojira einmal mehr als knuffigen Menschenfreund, wodurch er trotz der filmsprachlichen Nähe zu Ishirō Honda gleichzeitig auf ironische Distanz zum Original geht – andererseits fehlt „Gojira tai Megalon“ aber gerade die nötige Selbstironie, die diesen Unfug von Blecheimern und Hüpfkäfern auf ein mittelprächtiges Niveau gebracht hätte.

KK 1973 003Prächtig hingegen sind wie üblich die DVD-Veröffentlichungen von Anolis. Da der Film in Deutschland anders als die meisten älteren Godzilla-Streifen schon immer uncut war kann man sich die 2-Disc-Version zwar sparen (diese beinhaltet neben zahlreichen Extras wie beispielsweise gelehrten Audiokommentaren von Bodo Traber und Jörg Buttgereit[3] als Alternativfassung lediglich eine Version mit deutschem Vorspann), dafür sind die Single-Disc-Veröffentlichungen zur Abwechslung sogar im erschwinglichen Preisrahmen angesiedelt. Man sollte nur nicht aus Versehen die Media Target-DVD erwerben, die lange Zeit die einzige deutsche Veröffentlichung darstellte, denn der Unterschied der Bildqualität im Vergleich zur Anolis-Scheibe ist enorm.

Da hopst der Käfer!

Alexander Jäger

[1] Obendrein wird der Oberseetopianer von einem westlichen Schauspieler verkörpert, denn Feindbilder muss man pflegen.

[2] Mit all den gleichzeitig-ungleichzeitigen Dopplungen bzw. der ideologischen Uneindeutigkeit hat sich übrigens auch Thomas Sieck in der „Enzyklopädie des Phantastischen Films“ schwergetan, dem obendrein die verwickelte Entstehungsgeschichte des Films als nachträglich ins Godzilla-Universum hineingebastelter Fanservice nicht bekannt war.

[3] Ein Nekromantiker und ausgewiesener Kaiju-Experte, dessen Buch zum Thema mir noch fehlt.

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