meltiquer

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Planet Saturn lässt schön grüßen / Bluthitze - Das Grauen aus dem All / Der Zombie aus dem Weltall / The Ghoul from Outer Space / Den krypande hämnaren / Smeltende terror

(USA 1977)

 

Regie/Drehbuch: William Sachs

Make-Up-FX: Rick Baker, Rob Bottin, Greg Cannom

Darsteller: Burr DeBenning, Ann Sweeny, Michael Alldredge
und Alex Rebar als der „melting man“

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„Who the hell are you?”
„I'm Dr. Ted Nelson!”
„Don't move!”
„LISTEN TO ME I'M DOCTOR TED NELSON!”

Dr. Nelson macht sich wichtig

 

 

Als ich über das Thema Inselfilme nachgedacht habe, gab es so einige Titel, die sozusagen die Grundlage für meinen Koffer bilden mussten – nicht unbedingt, die besten Filme aller Zeiten, aber welche, die eine ganz besondere Bedeutung für mich hatten. Da sind sicherlich einige Gurken dabei, die ich Euch in den nächsten Monaten und Jahren in dieser Rubrik noch näher bringen werde und bei denen ich noch immer überlege, WARUM die mir eigentlich direkt in den Kopf gekommen sind. „The incredible melting man“ gehört mit Sicherheit nicht dazu, denn hier weiß ich noch genau, wie meine erste Begegnung mit „Steve West“ ausgefallen ist.

FM CoverIn den letzten Jahren der 1970er, also zu einer Zeit, in der ich zwischen 15 und 18 Jahre alt war, begann auch meine „fannische“ Aktivität. Zuerst in den diversen – zugegeben ziemlich steifen – Science Fiction Clubs und dann schließlich, nachdem „Krieg der Sterne“ auch bei uns gestartet war im ersten – und deshalb größten Star Wars-Club „German Jedis“ (damals noch mit Plural-S). Mehrmals im Jahr besuchte man dann übers Wochenende die Clubleitung, die – dank relativer finanzieller Unabhängigkeit und guter Kontakte – eine sozusagen „hausfüllende“ Sammlung an gedrucktem und bespielbarem Material zum Film hatte. Darunter auch US-Magazine, in denen nur ein- bis zweiseitige Artikel zu finden waren.

Dort fiel mir irgendwann im Herbst 1978 die damals aktuelle Ausgabe von „Famous Monsters of Filmland“ in die Hände und dort war halt als Coverboy Alex Rebar in vollster farbiger Schönheit des Make-Ups von Rick Baker zu bewundern. Für mich, der damals schon vom „Horror-Bug“ gebissen worden war, eine Offenbarung – das war es, was ich einmal auf der großen Leinwand sehen wollte, schon alleine, weil sämtliche anderen Anwesenheiten das Heft am liebsten verbrannt hätten und ich so für einen kleinen Obulus in Besitz meiner ersten „FM“-Ausgabe kam.

Generell hat dieses Cover in den Folgejahren bei mir für einige interessante Erfahrungen gesorgt (war prima das Heft in der Bahn zu lesen) und wurde auch in der „FM“, die ja doch eher dem klassischen Horrorfilm zugetan war, später hart kritisiert.

melti04Vor den Film allerdings hatte mir die FSK eine Hürde gesetzt, denn mittlerweile war unser Stadtteilkino geschlossen und in der Innenstadt hatte sich die Schachtelkino-Seuche ausgebreitet, was zwar dafür sorgte, dass „Planet Saturn läßt schön grüßen“ gleichzeitig in zwei – sogenannten - Sälen zu bewundern war, aber dort wurde halt sehr stark kontrolliert und ich war damals eher klein und von Bartwuchs weit entfernt.

Glücklicherweise wohnte ich zu dieser Zeit aber hauptsächlich im „hohen Westerwald“ und dort – und das war der einzige Vorteil – gab es in der benachbarten Kurstadt ein Kino, dass außerhalb der Saison auch schon Mal B-Ware zeigte und es dementsprechend auch mit der Alterskontrolle nicht so genau nahm. melti01Allerdings lief da nicht „Planet Saturn läßt schön grüßen“ sondern ein Film namens „Der Zombie aus dem Weltall“ – schließlich waren in der Zeit nach Romeros „Dawn of the Dead“ lebende Tote en vogue, was ja auch dazu führte, dass man „Das Leichenhaus der lebenden Toten“ als „Invasion der Zombies“, das Familiendrama „Die Totenschmecker“ als „Der Irre vom Zombiehof“ oder gar Jean Rollins „Les Raisins de la Mort“, der ja ohnehin schon mit dem gräßlichen Titel „Die Foltermühle der gefangenen Frauen“ bestraft war, als „Zombis geschändete Frauen“ zweitvermarktete.

Ach, die gute alte Zeit...

melti11„The incredible melting man“ hielt auf alle Fälle alles, was mir das Cover und die mittlerweile in anderen Publikationen erschienenen Berichte versprochen hatten, selbst wenn man die komplette Handlung in wenigen Sätzen zusammenfassen kann.

Der Astronaut Steve West wird bei einem Saturnflug von bösen Strahlen getroffen, überlebt als einzger den Absturz und schmilzt langsam und unaufhörlich vor sich hin. Nachdem er aus einem Krankenhaus ausgebüxt ist versuchen staatliche Organisationen und Freunde ihn wieder einzufangen, während er versucht sein Leben durch Aufnahme von frischem Menschenfleisch zu verlängern. Am Ende wird er, mittlerweile zu einem glibberigen und ziemlichen ekligen „Blob“ zusammengelaufen, von einem Reinigungsbeauftragen in einen Mülleimer entsorgt.

melti12Das ist nun wahrlich, keine Meisterleistung von Drehbuch und wie Regisseur William Sachs im Audiokommentar immer wieder betont, war das auch alles etwas intelligenter und subtiler geplant, sollte der Zuschauer doch bis kurz vor dem Ende im ungewissen gelassen werden was denn nun wirklich mit Herrn West los war und vor allem auch, wo er herkam. Aus Produzentensicht eine Herangehensweise, die den potentiellen Zuschauer überforderte[1], so dass in der endgültigen Fassung nun der Film mit Aufnahmen des Raumfluges beginnt. Zumindest gibt uns das eine der schönsten Dialogzeilen aller Zeiten:


„You've never seen anything,
til you've seen the Sun through the rings of Saturn!“

Das könnte man schon fast mit der Zeile: “All this is lost – like tears in the rain!” auf eine Ebene stellen, würde Hauptdarsteller Alex Rebar das nicht vortragen, als läse er eine Betriebsanleitung vor.

melti13Generell sind hier schauspielerisch keine Glanzleistungen zu erwarten. Rebar steckt die meiste Zeit unter dickem Makeup, das – bei aller Qualität der Arbeit – keine großen Emotionen zulässt und der Rest des Casts ist entweder als Opfer für wenige Minuten im Bild (unter anderem kann man für 40 Sekunden den späteren Regisseur Jonathan Demme sehen) oder auf der Suche nach dem tröpfelndem Astronauten.

Aber darum geht es ja nun auch wirklich nicht im Film, denn er ist ein frühes Beispiel für ein Werk, dass nahezu komplett durch seine Maskeneffekte getragen wird und in der Beziehung liefert „The incredible melting man“ ab, wie kaum ein zweiter. Rick Baker, der mir damals hauptsächlich als Affenmann (Schlock, King Kong, 1976) und von seiner Arbeit an „Squirm“ und „Star Wars“ ein Begriff war, versuchte sich hier erstmals an reinem Splatter und schuf mit dem schmelzenden Steve West ein echtes Ekelpaket.

meltiersatzGut über die Laufzeit des Filmes verteilt kann man verschiedene Stadien des Zerfalls beobachten und sich an herrlich glibberig-schleimigem Make-Up erfreuen und nebenher darf der Schmelzmann (Danke für den Begriff Christian Kessler) auch noch einige Nebencharaktere aus dem Film befördern, was uns unter anderem die Möglichkeit gibt, einen abgeschlagenen Schädel am Grund eines Wasserfalls in Zeitlupe zerplatzen zu sehen. Da braucht man keine spannende Handlung oder lebende Charaktere.

Zusätzlich gab Meister Baker auch noch als Teamchef zwei jungen Leuten die Chance ihre Fähigkeiten zu beweisen und so durfte Greg Cannom, der später unter anderem mit 3 Oscars ausgezeichnet wurde, die Anfangssequenz im Krankenhaus alleine gestalten und hatte als Helfer einen gewissen Rob Bottin dabei, der wohl alleine durch seine Effekte für John Carpenters „The Thing“ in die Filmgeschichte eingegangen ist.

melti10Abgesehen von den tollen Effekten ist „The incredible melting man“ aber auch noch ein fast klassisches B-Movie, dass – natürlich mit etwas abgeschwächtem Splatteranteil – so auch in den 50er Jahren denkbar gewesen wäre, was zumindest von der Regie her auch geplant war. Nach Aussagen von William Sachs sollte der Film ähnlich wie ein klassisches EC-Comic wirken, also den Stil haben, den George A. Romero fünf Jahre später mit „Creepshow“ auf die Leinwand brachte, was allerdings sowohl an Budget, als auch an Starrsinnigkeit von Produzentenseite scheiterte.

Die unten verlinkte ARROW-BluRay präsentiert den Hauptfilm in einem neuen Scan, der endlich mal die schönen Schmelzereien selbst in dunklen Szenen deutlich zeigt. Zusätzlich ist die Scheibe auch wieder mit schicken Extras gefüllt. melti06Da wäre zuerst einmal der Audiokommentar von Regisseur Sachs, der nicht nur deutlich macht, wie schwer es zu dieser Zeit war einen kleinen Schocker nach eigenem Gusto zu drehen, sondern auch viele interessante Anekdoten über Sachs andere „Meisterwerke“ (wie z.B. „Galaxina“ oder seinen Erstling „There is no No. 13“) enthält. Zusätzlich gibt es auch noch Interviews mit Sachs, Baker und Cannom, die noch mehr Details, speziell natürlich über die Arbeit an den Make-Ups zu Tage bringen. Die üblichen Trailer und Werbematerialen sowie eine interessante Super 8-Version runden das Paket ab.

melti14„The incredible melting man“ hat im Laufe der Jahrzehnte nichts von seiner Unterhaltsamkeit eingebüsst und einige Momente, in denen dem armen Steve der Eiter vom Gesicht tropft, sind immer noch schön eklig anzusehen.

Der Film wird mich über die langen Nächte auf der Insel bringen...

 

 

dia

[1] Macht Euch eure eigenen Gedanken darüber, wie angesehen der typische Horrorfilmgucker damals war.

 

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