revengequer

ghosklein eyespecialsklein liviklein

(France 2018)
La vengeance

 

Regie/Drehbuch: Coralie Fargeat

Kamera: Robrecht Heyvaert

Darsteller: Matilda Anna Ingrid Lutz, Kevin Janssens, Vincent Colombe, Guillaume Bouchède

 

 

revenge 002„Revenge“ ist simpel aber effektiv.

Zu Beginn lernen wir den Geschäftsmann Richard (Kevin Janssens) kennen, für den Geld offenbar keine Rolex spielt und der sich mit seiner Gespielin Jen (Matilda Anna Ingrid Lutz) zwecks akrobatisch-sportlicher sexueller Betätigung in seine „Jagdhütte“ zurückzieht. Diese allerdings entpuppt sich als eine Villa mitten im Nirgendwo, bei der alleine die Beauftragung des Architekten sicherlich eine 5-stellige Summe gekostet hat. Gläserne Außenwände, ein Wohnzimmer von Konzerthallengröße ein Pool nahezu olympischer Dimensionen und eine Innenausstattung aus garantiert extra hierfür angefertigten Möbeln und Designstücken, lässt diese Wohnstatt zu einer Oase in der – hier wörtlich zu nehmenden – Wüste werden.

revenge 004Am Morgen nach den diversen Übungen stehen plötzlich zwei seltsame scherbewaffnete Kerle, die optisch eher an Liebhaber trumpscher Politik erinnern, vor der Fensterfront, entpuppen sich aber bald als die Jagdkumpels von Richard, die, um ihn zu überraschen, bereits einen Tag früher als erwartet auftauchen und somit seinen Ehebruch aufdecken, selbst wenn ihnen Jen als Sekretärin vorgestellt wird. Auf der anderen Seite sind sie aber auch gute Freunde, die ihrem Kollegen das Ganze nicht wirklich übel nehmen und mit dem Pärchen am Abend eine ausgelassene Grillparty feiern, bei der Jen, nachdem sie alle dem Alkohol mehr als nur ein wenig zugesprochen haben, zeigen darf, was sie so an Verführungskünsten drauf hat.

revenge 003Das versteht einer der beiden Neuankömmlinge allerdings falsch und so kommt es am nächsten Morgen, als Richard gerade unterwegs ist, zu einer Vergewaltigung, was dazu führt, dass Richard sich nach seiner Rückkehr als Dick erweist und nicht etwas seine Kumpels zur Rede stellt, sondern Jen mittels Geldangeboten zum Schweigen verdonnern will. Die hält davon aber gar nichts und flieht. Es kommt zu einem Unfall, der die drei Männer glauben lässt, das Problem hätte sich somit selbst erledigt und dadurch zum sozusagen „nuking the fridge“-Moment des Filmes.

revenge 007Denn was nun in den nächsten Filmminuten mit Jen passiert, muss man als Zuschauer einfach akzeptieren ohne es zu hinterfragen, da man sonst am Rest des Filmes nicht wirklich viel Spaß hat. Auf alle Fälle fallen von da sämtliche hindernden Anflüge von Realismus und wir befinden uns in einer Welt, in der biologische Grundgesetze nur so lange gelten, wie sie für die Handlung nötig sind und in der Menschen mit mindestens 20 Litern Blut gefüllt sind, was den nun folgenden titelgebenden Teil dieses „Rape & Revenge“-Verteters zu einem der unterhaltsamsten Splatterfilme der letzten Jahre macht.

Apropos „Rape & Revenge“, den Film mit diesem Label zu versehen ist zwar von der Handlung her durchaus angebracht, aber im Vergleich mit den heute üblichen Vertretern dieses Untergenres auch schon fast eine Beleidigung für „Revenge“.

revenge 008Die beiden den Begriff begründenden Werke „I spit on your grave“ (1978, Regie: Meir Zarchi) und „Mrs. 45“ (1981, Regie: Abel Ferrara) waren noch echte Schocker mit einem jeweils komplett eigenständigen Ziel. In Zachis Film geriet die Hauptdarstellerin Camille Keaton, die Enkelin von Stummfilmlegende Buster Keaton, in die Fänge einiger geistig befreiter Rednecks und wurde fast 45 Minuten durchgängig von ihnen gequält und mehrfach vergewaltigt, bis sie dann Rache übte. Ein Film, der auch heute nichts von seiner Schockwirkung verloren hat und durch seinen fast dokumentarischen Stil und dadurch, dass er komplett ohne Filmmusik oder sonstige beschönigende Faktoren auskommt, ungefähr den Unterhaltungswert von „Cannnibal Holocaust“ hat.

revenge 005Ähnlich verhält es sich auch mit Ferraras Frühwerk, der allerdings die Handlung in die dreckigsten Ecken New Yorks (siehe auch den gleichzeitig enstandenen Maniac von William Lustig) verlagerte und zusätzlich seine Heldin noch mit einem Handicap ausstattete. Ebenfalls positiv, so fern man das bei diesen Filmen sagen kann, ist auch noch „Thriller – a cruel picture“ (1973), der schwedische Urvater des Genres zu bewerten, der allerdings seine Schocks eher durch die eingestreuten echten pornographischen Szenen und der Benutzung einer echten Leiche bei einer Splatterszene erreichte, als durch gutes Filmemachen.

Auf alle Fälle waren diese Filme noch echte Schocker, die nicht versuchten, zu gefallen sondern gewollt unangenehm waren und definitiv im Exploitationbereich einzuordnen waren.

revenge 010Auf der anderen Seite definieren allerdings heutzutage Werke wie das Remake von „I spit on your grave“ und seine unsäglichen Fortsetzungen den Begriff und bei diesen Filmen handelt es sich tatsächlich nur um storylose Folterfilme, die den meisten Wert darauf legen ihre weiblichen Hauptdarstellerinnen möglichst oft nackt zu zeigen und sie am Ende ihre Peiniger „Saw-mässig“ auseinander nehmen lassen, dabei aber tunlichst darauf achten, dass die Vergewaltigungen nicht zu unangenehm ist, dafür aber der Revenge-Part um so expliziter ausfällt.

Mit beiden Richtungen lässt sich „Revenge“ nicht wirklich vergleichen, denn die Vergewaltigung in der ersten Hälfte des Filmes ist sehr zurückhaltend, aber nicht weniger schockierend, inszeniert und wenn es dann in den Revenge-Teil geht befinden wir uns (siehe oben) tatsächlich in einer Art Comicwelt was schon alleine durch die farbliche Gestaltung des Filmes recht deutlich wird. revenge 012Denn „Revenge“ ist ein bunter Film – um genau zu sein sehen die Bilder aus, als hätte das frühe Farbfernsehen mit Technicolor ein Kind gezeugt, dass speziell im Rot-Bereich sehr gute Gene abbekommen hat.

Auch ansonsten ist „Revenge“ in jeglicher technischer Hinsicht eine Meisterleistung. Man merkt dem Erstlingswerk von Regisseurin Coralie Fargeat sein geringes Budget in keiner Minute an. Sowohl die Auswahl des Settings, der gesamte Film wurde an Originalschauplätzen in Marokko gedreht, als auch was Musik, den generellen Sound und die visuelle Gestaltung angeht, braucht sich der Film nicht hinter bedeutend teureren Werken zu verstecken – auch in Sachen Timing und Action ist er den meisten aktuellen Filmen mehr als nur eine Nasenlänge voraus. Zusätzlich kann man "Revenge" tatsächlich aber auch als Neudefinition des Splatterfilmes bezeichnen, dem der Spagat zwischen Schock und Unterhaltung nahezu perfekt gelingt.

revenge 009Somit kann man „Revenge“ jedem Liebhaber blutiger Unterhaltung nur wärmstens ans Herz legen. Man kann sich jetzt schonmal daran gewöhnen, neben „Martys“, „Haute Tension“ und „Inside“ einen neuen Titel auf die Frage nach den „Franzosen“ auf Lager zu haben.

KOCH MEDIA spendiert dem Film gleich vier verschiedene Editionen und zwar als Mediabook, Steelbook, BluRay und sogar als einzelne DVD. Das Mediabook hat neben einem schicken Booklet auch noch die Soundtrack-CD mit dabei, ansonsten finden sich, wie bei KOCH MEDIA üblich, netterweise auf allen Scheiben die selben Extras, die allerdings recht mickrig ausfallen. Neben den Trailern gibt es nur noch ein 12 minütiges unkommentiertes Behind the Scenes Video und drei ebenfalls zusammenhanglose Minuten bei denen man den Special-FX-Technikern über die Schulter gucken kann.

revenge 013Einen Audiokommentar oder ein paar Interviews hätte der Film sicherlich verdient und das Coralie Fargeat durchaus interessant erzählen kann, hat sie ja erst vor wenigen Wochen im Interview mit Mick Garris (LINK) bewiesen.

Da kann man nur hoffen, dass da noch was nachkommt.


dia

In Zusammenarbeit mit KOCH Media verlosen wir diese Woche jeweils eine DVD und eine BluRay
des Filmes für Euch.

Zur Teilnahme beantwortet uns einfach die untenstehende Frage in einer Mail an theDia@evil-ed.de
mit dem Stichwort "Rache ist Blutwurst".
Die Auslosung findet am Freitag, dem 7. September statt, Einsendeschluß ist dementsprechend am 6.9. :)


Wie heisst der Großvater der Hauptdarstellerin des Original "I spit on your grave"?  

 

ghosklein eyespecialsklein liviklein

     ofdb logo      IMDb logo